Vorbemerkung
Brigitte Neufeldt erklärt sich anlässlich eines zufälligen Treffens mit Norbert Jüdt in der Ausstellung von René Lang in Niefern spontan bereit, kurzfristig anstelle einer im Juni eingeplanten „verschollenen“ Künstlerin einzuspringen. Ebenso spontan sagt die Architektin Brigitte Bernert zu, die Einführungsrede zu halten, da sie schon seit Jahren den künstlerischen Entwicklungsprozess von Brigitte Neufeldt begleitet.
BRIGITTE NEUFELDT – VOR UND NACH KOREA
Einführung von Brigitte Bernert
Die Ausstellung VOR UND NACH KOREA zeigt Brigitte Neufeldts Auseinandersetzung mit dem Land Korea.
Buslat, 2. Juni 2019. Gemeinsame Ankunft im Katharinentaler Hof in Neulingen. Stille liegt über dem Gehöft an jenem Sonntag. Der leere Hof in der Morgensonne verspricht einen heißen Sommertag. Einziges Geräusch die eigenen Schritte auf dem Kies des Platzes...Korea?... Dann der Kontrast im Raum des ehemaligen Kuhstalls – Eintritt in eine andere Welt. Der Blick fällt auf die weißen, gekalkten Wände und Mauernischen. Hier dringen nur wenige Sonnenstrahlen ein. Ein Raum, schlicht und ruhig, wie geschaffen für Brigitte Neufeldts kraftvolle, reduzierte Arbeiten. Sie entstehen in Vorbereitung einer Studienreise nach Korea. Damals. Im Austausch mit den koreanischen Studenten, wie sie aus ihrer Studienzeit an der HBK Saar berichtet. Aus den künstlerischen Arbeiten zum Weltkulturerbe Völklinger Hütte folgen Begegnungen mit dem koreanischen Welterbe Kyonggju.
Nach Korea: Verarbeiten der Eindrücke. Jetzt entstehen neue Werke dazu.
Wand 1
Aus der Zeit VOR KOREA stammen die fünf Exponate im ersten Zyklus. Arbeiten auf Papier - die erste mit Künstlerkreide in vielfältiger Farbauswahl, die anderen in Acryltechnik. Geometrische Formen, Quadrate, Dreiecke, Kreisflächen, Wellenlinien strukturieren die Fläche. Leichtigkeit und Schwere zugleich. Assoziationen werden durch die Bildtitel initiiert.
Eingesperrt
Farbe gegen Farbe setzen
Lebensbaum
Von der Mitte aus
Die Kugel verliert nicht an Kraft
Sie arbeitet hier mit dem Raum: die von einem Dreieck überlagerte Kugel gibt dem Raum Gewicht.
Wand 2
Zwei Wand-Boden-Installationen sind vor die beiden Wandnischen platziert.
Meer der Tränen – dunkelgrünes Gewebe, auf einer Holztafel befestigt, blaue und grüne Ölfarbe. Und
Krieg - Seidentücher, Asche, Ölfarbe, rote Acrylfarbe.
Die Bilder dringen in tiefe Seelenschichten, appellieren.
Unbequem ist Brigitte Neufeldt.
Sie beschönigt nichts, lässt den Betrachter im Angesicht des Gezeigten stehen. Das weltweite Szenario beinhaltet für sie nicht nur den Nord-Süd-Konflikt der beiden koreanischen Staaten.
Wand 3
NACH KOREA
Aufenthalt in einem der berühmtesten Klöster Koreas, der Tempel von Haeinsa in Janggyeong
Panjeon. Welterbestätte und Aufbewahrungsort der Tafeln der Tripitana Koreana. Eine der umfangreichsten Sammlungen von 81258 Druckplatten buddhistischer Schriften befinden sich dort seit dem Jahr 1398.
Drei Tage ist Brigitte Neufeldt hier zu Gast. Die inneren Bilder sind geprägt durch den mönchischen Tagesablauf. Der Gong um drei Uhr nachts. Der noch in der Dämmerung liegende Tag beginnt. Dann wieder
Stille. Im Halbdunkel bewegen sich die Mönche zum Morgengebet. Kommen, Versammeln, Auflösen, Weggehen.
Zeichensprache der Mönche untereinander, Gesten, Anweisungen ohne Worte an die Gäste dulden
keinen Widerspruch. Starke tiefe Bilder mit großer geheimnisvoller Ausdruckskraft entstehen hier. Faszination von Dunkel umhüllt:
Prozess 1
Prozess 2
Auflösung.
Ruß, Sepia, Tinte, noch kaum Farbspuren.
VOR KOREA
gestaltet sie zwei helle Bilder, die Drippings. Sie ergänzen die Reihe von Haeinsa. Tusche
und Bister – verflüssigter Ruß – auf weiß grundierter Leinwand. Reduziert, gewollt und frei fließend zugleich.
Wand 4
Am stärksten von den Einflüssen der Korea-Reise geprägt ist die Wand-Boden-Video-Installation.
Um den Weg nachzuzeichnen, den Brigitte Neufeldt und ihre postgraduierten Kommilitonen gehen: Vor der Reise, in Korea und wieder zurück in Deutschland.
In Korea entstehen ihre erste Notizen zu VOR UND NACH KOREA, das schließt alle Spuren ein, die sie gegangen ist. Es ist »ihr Weg« dort hin.
Annäherung heißt die Installation aus zwei Marmorblöcken.
Darüber, von einem dünnen weißen Metallstab - Symbol der dünnen Verbindung zwischen Nord- und Südkorea – getragen, sechs Wandtafeln mit koreanischen Schriftzeichen und deutscher Übersetzung: Früher - Jetzt - Später. In braunen, erdhaften Tönen gehalten. Darunter ein Dreieck mit kleinen Steinen. Überblendet wird die Installation von ihrem Video Weg – Way – Rue: bewegte Bilder des Wegs mit vor Ort aufgenommenen Geräuschen. Das Knirschen der Steine ist zu hören – und diese Steine finden sich auch im Dreieck wieder. Es zeigt die politische Verbindung auf, die vor ein, zwei Jahren begonnen hat. Brigitte Neufeldts Wunsch: dass die beiden Länder den zukünftigen Weg gemeinsam gehen, zu einem Land zusammenkommen.
Wand 5
Die Grünen
Eine Sequenz von sechs Bildern. Die Auseinandersetzung mit der koreanischen Schrift und Kalligraphie, inspiriert durch die Begegnung mit einem koreanischen Architekten. Es ist die Schönheit der koreanischen Schrift und Papiers, die Brigitte Neufeldt fasziniert. Studien, schwarze Tusche und Acryl in Grün, sie entstehen bei Brigitte Neufeldt aus der Hand heraus, in Bewegung.
VOR UND NACH KOREA: Brigitte Neufeldts Arbeiten passen in keine Schublade.
»Aus der Umarmung, die das Leben ist, jene Ordnung zu schaffen, die sich Kunst nennt. Das ist die Aufgabe des Künstlers«. Von wem dieses Zitat sei, sagt sie, weiß sie nicht. Die Eindrücke ihrer Arbeiten klingen nach.